Propaganda, Deepfakes, Desinformation: EU kämpft gegen Fake News (2024)

Mit gezielten Desinformationen wird versucht, die Spaltung in Europa voranzubringen. Besonders vor den EU-Wahlen ist die Gefahr groß. Die Europäische Union versucht, Fake News mit dem Gesetz über digitale Dienste einzudämmen.

Von Carolin Born | 31.05.2024

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    Propaganda, Deepfakes, Desinformation: EU kämpft gegen Fake News (1)

    Nur informierte Bürgerinnen und Bürger können ihr demokratisches Wahlrecht wahrnehmen. Das wird immer schwieriger. Akteure von außen wie von innen nutzen Desinformationen und verbreiten unter anderem Fake News. Die Europäische Union will dagegen vorgehen und hat dafür unter anderem das Gesetz über digitale Dienste geschaffen. Eine erste Bewährungsprobe für das Regelwerk sind die EU-Wahlen im Juni.

    Inhalt

    • Welche Versuche von Desinformation gibt es in der EU?
    • Gibt es zur EU-Wahl mehr Manipulationsversuche?
    • Wie wehrt sich die EU gegen Desinformation?
    • Welche Rolle spielt das Gesetz über digitale Dienste (DSA)?
    • Was unternimmt die EU im Vorfeld der Wahl gegen Desinformationen?

    Welche Versuche von Desinformation gibt es?

    Auf den ersten Blick wirken sie täuschend echt: Webseiten, die etablierten Medien wie zum Beispiel „Der Spiegel“, „The Guardian“ oder „Le Monde“ ähneln, aber russische Propaganda enthalten. Solche gefälschten Nachrichtenseiten werden Doppelgänger genannt.

    Angriffe von außenDesinformationen während der Europawahl 05:10 Minuten04.06.2024

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    Vor EuropawahlVon geklonten Webseiten und manipulierten Informationen 11:11 Minuten28.05.2024

    Diese Doppelgänger sind schon länger im Umlauf; zuletzt hat die Forschungsgruppe AI Forensics Tausende Fake-Accounts entdeckt, die Werbung auf Facebook geschaltet haben: Es geht um Themen wie die Bauernproteste oder die militärische Hilfe für die Ukraine – mit dem Ziel, Zwietracht zu säen und die Unterstützung für die Ukraine zu untergraben. Mindestens 38 Millionen Nutzer in Deutschland und Frankreich sollen solche Anzeigen zwischen August 2023 und März 2024 gesehen haben, hat AI Forensics herausgefunden.

    Politologe Andreas Jungherr"Desinformation ist nichts Neues" 08:50 Minuten04.06.2024

    Desinformationskampagnen drehen sich häufig um Themen, die polarisieren und Spaltpotenzial beinhalten, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schwächen; neben der Ukraine zum Beispiel Migration oder die Coronapandemie. Daneben soll laut einer Sprecherin des EU-Parlaments das Vertrauen in die Demokratie unterminiert werden: Kampagnen schüren die Mär vom Wahlbetrug, indem sie beispielsweise behaupten, dass in Wahllokalen spezielle Stifte benutzt würden, deren Tinte nach dem Ausfüllen der Wahlzettel verschwindet. Oder sie versuchen die Wähler gleich ganz vom Wählen abzuhalten, unter anderem durch falsche Bombendrohungen in Wahllokalen.

    Gibt es zur EU-Wahl mehr Manipulationsversuche?

    Die EU-Kommission verzeichnet deutlich mehr Desinformation. Entsprechende Kampagnen gehen vor allem von Russland aus, aber auch China oder nicht-staatliche Akteure, wie der sogenannte Islamische Staat (IS), stehen dahinter.

    EuropawahlWie die EU sich auf Desinformationskampagnen vorbereitet 04:58 Minuten04.06.2024

    Desinformation droht auch im Inneren von Parteien oder Einzelpersonen. Im April 2024 wurde mehreren EU-Abgeordneten, darunter den AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron, vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Internetseite „Voice of Europe“ gegen Geldzahlungen russische Propaganda verbreitet zu haben.

    AfD und die EU-Wahl Wie stark schaden die Spionagevorwürfe der Partei? AfD und die EU-Wahl Wie stark schaden die Spionagevorwürfe der Partei? Schwere Vorwürfe stören die Vorbereitungen der AfD auf die Europawahl. Ein entlassener Mitarbeiter des Spitzenkandidaten Krah soll für China spioniert haben. Auch gegen den AfD-Abgeordneten Bystron wird ermittelt. Welche Folgen haben die Skandale?

    Lutz Güllner, Leiter der Abteilung Strategische Kommunikation im Auswärtigen Dienst der EU-Kommission, beobachtet nicht nur einen quantitativen Anstieg, sondern auch ausgefeiltere Techniken. Güllner spricht von Informationsmanipulation, um hervorzuheben, dass damit gezielt getäuscht werden soll. Wichtig sei, so Güllner, sich nicht nur auf den Inhalt zu konzentrieren, sondern auch auf die Manipulationstechniken, zum Beispiel bei der Doppelgänger-Kampagne.

    Geheimdienste Wie Russland in Deutschland spioniert Geheimdienste Wie Russland in Deutschland spioniert Cyberangriffe russischer Hacker-Gruppen, Spione, die mutmaßlich im Auftrag Russlands agieren und Sabotageakte durchführen sollen. Welche Ziele verfolgt Moskau und wie gut ist Deutschlands Spionageabwehr dafür gewappnet?

    Groß ist die Sorge auch vor Deepfakes, also täuschend echten Videos, Audios oder Bildern. Sie wurden unter anderem im Wahlkampf in der Slowakei eingesetzt, um Wähler in die Irre zu führen. Trotz des Risikos versichert Güllner, dass die Wahlen sicher seien.

    Wie wehrt sich die EU gegen Desinformation?

    81 Prozent der europäischen Bürger sind der Ansicht, dass Nachrichten oder Informationen, die die Wirklichkeit falsch darstellen, ein Problem für die Demokratie sind. Die Abteilung Strategische Kommunikation des Europäischen Auswärtigen Dienstes betreibt das Kompetenzzentrum „EUvsDisinfo“: Es bietet Analysen und Tipps, wie sich Einzelne vor Desinformation schützen können, also zum Beispiel die Quellen von Inhalten zu hinterfragen.

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    Chatbots, DSA, PressefreiheitGewalt gegen Chatbots, Lobbyschlacht um DSA, Pressefreiheit in Ghana

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    Digitalkonferenz re:publicaBringt uns KI eine gute Zukunft? 34:55 Minuten30.05.2024

    Vor der Einflussnahme aus dem Ausland auf demokratische Prozesse und speziell auf die Europawahlen hat bereits vor Jahren ein Sonderausschuss im EU-Parlament gewarnt. Die Abgeordneten fordern gezielte Sanktionen im Zusammenhang mit Desinformationskampagnen.

    Im Abschlussbericht steht auch, dass soziale Medien für eine Einmischung missbraucht würden. Um die Onlineplattformen besser zu regulieren, hat die EU das Gesetz über digitale Dienste verabschiedet, auch bekannt als Digital Services Act (DSA). Die Wahlen vom 6. bis 9. Juni sind ein erster Test für das neue Regelwerk.

    Welche Rolle spielt das Gesetz über digitale Dienste?

    Der DSA verpflichtet die großen digitalen Plattformen, illegale Inhalte zu entfernen, und ermöglicht Nutzern, sie leichter zu melden. Daneben müssen sich die Onlinekonzerne um systemische Risiken kümmern, die von ihren Plattformen und Geschäftsmodellen ausgehen, zum Beispiel dem Schutz vor Desinformation. Es soll zudem mehr Transparenz geben, beispielsweise bei den Empfehlungsalgorithmen.

    Verstöße dagegen will die EU-Kommission ahnden. Erste Verfahren hat sie bereits eingeleitet. Bestätigt sich der Verdacht, könnten am Ende Strafzahlungen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes stehen.

    Die Kommission wirft dem Konzern Meta vor, auf seinen Plattformen Facebook und Instagram nicht genug gegen Desinformation zu unternehmen. Die dort geschaltete Werbung werde nicht ausreichend kontrolliert und könne als Einfallstor für russische Desinformationskampagnen missbraucht werden, befürchtet die EU-Kommission. Außerdem soll der Mechanismus, um illegale Inhalte zu melden, nicht nutzerunfreundlich sein, da er nur schwer zu finden sei.

    Daneben ermittelt die Kommission gegen TikTok und X (ehemals Twitter). Das Verfahren gegen X untersucht unter anderem, wie effektiv die Maßnahmen gegen Desinformation sind und ob genug gegen die Verbreitung illegaler Inhalte unternommen wird.

    Was unternimmt die EU im Vorfeld der Wahl gegen Desinformationen?

    Im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste hat die EU-Kommission Leitlinien aufgestellt. So sollen die Plattformen genug Teams für die Moderation der Inhalte bereithalten.

    Europawahl 2024 Kandidaten, Umfragen, Prognosen Europawahl 2024 Kandidaten, Umfragen, Prognosen Vom 6. bis 9. Juni 2024 sind rund 350 Millionen EU-Bürger zur Wahl des zehnten Europaparlaments aufgerufen. Zum ersten Mal liegt das Wahlalter in Deutschland bei 16 Jahren. Und zum letzten Mal gibt es keine Sperrklausel für kleine Parteien.

    Daneben sollen durch künstliche Intelligenz (KI) erzeugte Inhalte gekennzeichnet werden. Das soll verhindern, dass die Plattformen durch massenhaft KI-generierte Fakes geflutet werden.

    Damit den Nutzern aufgrund der Empfehlungsalgorithmen nicht nur polarisierende Beiträge angezeigt werden, sollen die Betreiber der Plattformen dafür sorgen, dass offizielle Informationen über die Wahlen gut auffindbar sind. Allerdings sind diese Vereinbarungen freiwillig.

    Daneben verweisen Experten auf den hohen Stellenwert eines unabhängigen Mediensystems, auf Fact-Checking-Initiativen sowie auf eine Stärkung der Zivilgesellschaft, um sich gegen Manipulationsversuche zu wappnen.

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